Die Domitilla-Katakombe in Rom

Archäologie, Architektur und Kunstgeschichte einer spätantiken Nekropole

Mit ihren rund 15km langen Galeriegängen und über 80 Fresko-Malereien gehört die Domitilla-Katakombe zu den größten und bekanntesten frühchristlichen Grabstätten in Rom. In Zeiten intensivster Bestattungstätigkeit im 3. bis 5. Jahrhundert n. Chr. haben hier nicht nur rund 75.000 Menschen ihre letzte Ruhe gefunden; die Reichsten unter ihnen haben sich ihre individuell gestalteten Grabräume verputzen, bemalen oder über die Gestaltung von den oberirdischen Architekturen entlehnten Raumkonstellationen reich ausstatten lassen.

Bis in das 8. Jahrhundert hinein wurden die römischen Katakomben noch als Pilgerstätten regelmäßig frequentiert, im Frühmittelalter gerieten sie in Vergessenheit. Erst nach ihrer Wiederentdeckung im 16. Jahrhundert und einer ersten umfangreichen Dokumentationstätigkeit durch Antonio Bosio führte ein neu erwachtes Interesse an den unterirdischen Friedhöfen nach und nach zu ihrer archäologischen und geschichtlichen Erschließung. Trotz der nunmehr fast 400 Jahre währenden Erforschung der frühchristlichen Grabstätten Roms ist die Domitilla-Katakombe aber – und das ist symptomatisch für die meisten Grabstätten dieser Art – in ihrer Gesamtheit und archäologischen Vielfalt weder erschöpfend untersucht noch in ihrer architektonisch-räumlichen Komplexität ausreichend präzise und vollständig dokumentiert.


Das seit 2006 von Archäologen und Architekten betriebene Forschungsprojekt hat es sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe neuester Mess- und Dokumentationstechniken erstmalig zu einer die 3. Raumdimension einschließenden Gesamtdokumentation der Domitilla-Katakombe zu gelangen. Mit dieser kann den Forschern unterschiedlicher Disziplinen ein zeitgemäßes Werkzeug an die Hand gegeben werden, welches die Bearbeitung aktueller wissenschaftlicher Fragestellungen in Zukunft vom Schreibtisch aus ermöglichen und die notwendigen Katakombenbesuche auf wenige Kontrollgänge beschränken wird. Grundlage der Dokumentation ist eine Tachymetrie-gestützte Aufnahme aller zugänglichen Bereiche mit Hilfe eines 3D-Laserscanners und einer digitalen Kamera.

Nach Abschluss der Messarbeiten zu Beginn des Jahres 2009 ist auf diese Weise bereits ein die gesamte Katakombe abbildendes, aus rund 2000 Scan-Positionen bestehendes und mit Echtfarben texturiertes 3D-Abbild des unterirdischen Gangsystems entstanden. Hauptfokus der ersten drei Jahre des Projekts war aber die Untersuchung und Dokumentation der Wandmalereien der Katakombe mit Hilfe von farbigen 3D-Modellen, deren Ergebnis in Form eines Repertoriums veröffentlicht werden wird.

Die auf dem Weg dahin notwendigen Entwicklungsschritte in der Anwendung von kombinierten Technologien des 3D-Scannings und der Photogrammetrie zur Dokumentation von Katakomben-Umgebungen haben – als Nebenprodukt – zu einer substanziellen Verbesserung der archäologischen Dokumentationsmethode geführt. Sie lassen erwarten, dass die im Rahmen des Projekts erprobte Vorgehensweisen Vorbildfunktion für zukünftige Katakomben-Untersuchungen haben und schlussendlich einen neuen Standard in der Dokumentation darstellen werden. Nach Abschluss dieses ersten Projektzieles wird sich die Forschung in der zweiten Hälfte des Projektzeitraums dann stärker der archäologischen und bauhistorischen Untersuchung des Katakomben-Organismus zuwenden.

Geplant ist, in der Zusammenschau von Forschungsergebnissen aus den Spezialgebieten Malerei, Inschriften und historischer Bauforschung zu einer neuen Gesamtsicht auf die räumlich-zeitliche Entwicklung der Katakombe zu gelangen. So soll der Prozess der Entstehung und Entwicklung der Katakombe von den frühen heidnischen und christlichen Kernbereichen über ihr Zusammenwachsen zu einer die frühen Kultstätten einschließenden unterirdischen Totenstadt bis hin zu dem großen Pilgerzentrum der unterirdischen Basilika der hl. Nereus und Achilleus anschaulich werden.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • A. Abdelhafiz – G. Eßer – I. Mayer – N. Zimmermann, “Generating a photo realistic virtual model for the large Domitilla-Catacomb in Rome”, 9th Conference on Optical 3-D Measurement Techniques, Technische Universität Wien, 1.- 3. Juli 2009
  • G. Eßer – I. Mayer, “3d-geometry and 3d-texture. Documenting early-Christian wall paintings at the Domitilla Catacomb in Rome.” 12. International Congress “Cultural Heritage and New Technologies” Workshop „Archäologie & Computer”, Rathaus der Stadt Wien, 5.-7.Nov. 2007, Veranstalter: Magistrat der Stadt Wien – Magistratsabteilung 7 – Referat „Kulturelles Erbe” – Stadtarchäologie, Vortrag erscheint als CD-Publikation im gleichnamigen Tagungsband
  • G. Eßer, “LaserScan and PhotoTexture. Documentation Strategies at the Domitilla Catacomb in Rome”, Summer School in Conservation and Restoration of Monumental and Archaeological Sites, University of Rome” Tor Vergata”, 29. September 2007
  • G. Eßer – N. Zimmermann, “Showing the Invisible – Documentation and Research on the Roman Domitilla Catacomb based on Image-Laser-Scanning and 3D-Modelling” 35th Annual Conference of Computer Applications and Quantative Methods in Archaeology (CAA) “Layers of Perception” Berlin, 2.-6. April 2007, Veranstalter: German Archaeological Institute, Interdisciplinary Centre for the Study of the Ancient World, Berlin State Museums, CAA Germany, erschienen in den gleichnamigen Proceedings, Römisch-Germanische Kommission, Frankfurt A.M. und Eurasien-Abteilung Berlin des Deutschen Archäologischen Instituts, Kolloquien zur Vor- und Frühgeschichte, Band 10, Bonn 2008, S. 58-64
  • G. Eßer – N. Zimmermann, „START-Projekt ‘Domitilla´. Dokumentation und Erforschung einer römischen Katakombe mittels Laserscanning„ 19. Juni 2006, Symposium „3D – LASER SCANNING”, Technische Universität Wien, TUW-ILScan Center of Competence

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